Projektabschluss Innere Führung heute

„Wandler zwischen den Welten“

Projektabschluss Innere Führung heute

„Wandler zwischen den Welten“

RM // Köln, 27.05.2021

Seit dem Start in 2017 begleitete die BwConsulting das Projekt „Innere Führung heute“. Im Mai 2021 wurde es nun offiziell abgeschlossen. Über Erfahrungen aus der Projektarbeit, Erkenntnisse zur weiteren Arbeit an der Inneren Führung und den Mehrwert interner Beratung als Wandler zwischen den Welten unterhielten wir uns mit Brigadegeneral Tilo Maedler und Oberstleutnant Tobias Brösdorf aus dem Verteidigungsministerium sowie unserem Kollegen Daniel Bitter.

Herr Maedler, ein großes Stück Arbeit liegt hinter dem Projektteam, ein intensives Projekt ist beendet. Lassen Sie uns zurückblicken: Mit welchem Ziel war es gestartet?

Tilo Maedler: Im Kern stand das Ziel, gute Führung zu stärken. Ein gutes und valides Ziel, das wir zunächst einmal aber näher beleuchten mussten. Denn es kann ja sehr viel beinhalten und wir wollten in einem ersten Schritt herausarbeiten, was gute Führung aus Sicht der Menschen in der Bundeswehr eigentlich beinhaltet und welche Hemmnisse sie sehen.

Wie sind Sie hierbei vorgegangen?

Das Projekt startete mit einer Erhebungsphase. In 41 Workshops quer durch die Republik unterhielt sich das Projektteam mit rund 800 Vertretern aller Ebenen, sowohl aus dem militärischen als auch dem zivilen Bereich. Workshop-Design und Moderation kamen von der BwConsulting, das Teilnehmer-Management lief über meine Abteilung sowie das Zentrum Innere Führung. Im Ergebnis erhielten wir ein extrem breites Bild, was die Menschen mit guter Führung verbinden. Was erwartbar war, die Sache für uns aber nicht leichter machte.

Wir mussten fokussieren, um spürbare Veränderungen zu erreichen.
Brigadegeneral Tilo Maedler
Eine klare Zielvorstellung ließ sich daraus also nicht ableiten?

Nicht unmittelbar. Vielmehr mussten wir uns den Ergebnissen mit Methode nähern. Denn in den Workshops hatten wir – aus Leitungssicht durchaus gewollt und beabsichtigt – den Filter sehr weit offengelassen. Als Feedback hatten wir nun aber auch viele Impulse bekommen, die nicht unbedingt einen direkten Bezug zu guter Führung hatten oder durch sie beeinflussbar waren. Beispielsweise unmoderne Infrastruktur, zu viel Bürokratie, schleppende Beschaffung. Wir mussten also einen Weg finden, damit umzugehen. Und das konnte aus meiner Sicht nur eine thematische Fokussierung sein, um spürbare Veränderungen zu erreichen. Diese Konzentration auf Aspekte der guten Führung war aber auch riskant, da es bisweilen auch andere Erwartungen gab.

Daniel, Du hast das Projekt über alle Phasen begleitet. Wie seid ihr methodisch in dieser kritischen Situation vorgegangen?

Daniel Bitter: In dieser Situation war es wichtig, während der Umsetzungsphase Hand und Herz gleichermaßen im Blick zu behalten. Was auf der einen Seite klassische Projektarbeit bedeutete, also gemeinsam mit allen Projektpartnern an einer sinnvollen Priorisierung und Operationalisierung von Themen zu arbeiten. Auf der anderen Seite wollten wird die gewonnene breite Beteiligung weiter für uns nutzen, sowohl als Regulativ als auch zur Multiplikation.

Aus den Workshop-Teilnehmer:innen haben wir ein "Evaluierungsteam" für die Projektumsetzung gebildet.
Daniel Bitter
Was bedeutete das konkret?

Aus den ehemaligen Workshop-Teilnehmerinnen und –Teilnehmern habe wir ein „Evaluierungsteam“ für die Projektumsetzung gebildet, meines Wissens eine methodische Premiere für das Ressort. Dieses Team war analog zu den Workshops querschnittlich aus allen Bereichen der Bundeswehr zusammengesetzt. Seine Aufgabe war es, stets ein Auge auf die Maßnahmenauswahl zu werfen und die Projektverantwortlichen dahingehend zu beraten, dass die Umsetzung auch im Ziel liegt. Damit es nicht nur heißt „gut gedacht“, sondern auch „richtig gemacht“. Dazu trafen Maßnahmenverantwortliche und Evaluierungsteam regelmäßig zusammen. Gleichzeitig haben die Mitglieder des Evaluierungsteams die Kommunikation in die Fläche gefördert – und zwar auch abseits veröffentlichter Statements. So konnten die Projektthemen authentisch transportiert und ein schneller, direkter Kanal etabliert werden.

Herr Brösdorf, Sie haben im Ministerium die Fäden zusammengehalten. Wie haben Sie die Projektarbeit erlebt?

Tobias Brösdorf: Ohne zu sehr in ein Eigenlob zu verfallen, zu dem man nach Projektende ja gerne neigen kann: Als echtes Teamwork und gelungenes Zusammenspiel der beteiligten Kräfte aus Ministerium, Zentrum Innere Führung, Organisationsbereichen, Evaluierungsteam und BwConsulting. Ich habe viele Erkenntnisse für die künftige Weiterentwicklung der Inneren Führung gewonnen. Auch war es das erste Mal, dass ich mit der Inhouse-Beratung in Kontakt kam.

Am Ende jeder Maßnahme muss etwas stehen, was die Menschen in der Bundeswehr wahrnehmen können.
Oberstleutntant Tobias Brösdorf
Können Sie Beispiele für Ihre Erkenntnisse nennen?

Wesentlich ist für mich vor allem, dass die Kommunikationskanäle offen bleiben und es fortlaufend die Möglichkeit für ein ungeschöntes Feedback gibt. Nur so kann Klarheit bei allen Beteiligten erhalten bleiben. Zudem müssen wir das Konkrete, das Spürbare beibehalten. Heißt: Am Ende jeder Maßnahme muss etwas stehen, was die Menschen in der Bundeswehr wahrnehmen können. Gleichzeitig müssen wir uns auch ehrlich machen und aktiv mit Erwartungen umgehen: Bei der Inneren Führung geht es vor allem um Einstellungen, mit ihr können wir insbesondere Veränderungsprozesse antreiben, die dann ihren Weg ins tägliche Führungsverhalten finden müssen. Sie kann nicht die Lösung für alle Probleme sein und dieser Eindruck muss auch vermieden werden.

Und was nehmen Sie speziell aus dem Erst-Kontakt mit der Inhouse-Beratung mit?

Nun, bislang hatte ich mich überwiegend in den militärischen Strukturen der Bundeswehr bewegt. Dadurch entstehen Muster im Kopf, wie man Herausforderungen angeht. Die Beraterinnen und Berater der BwConsulting brachten da erfrischend andere, für mich neue Impulse mit – ich merkte selbst, dass ich mich als Soldat darauf erst einmal einlassen musste. Und bin froh, dass ich das gemacht habe, weil die Ideen – beispielsweise das Evaluierungsteam einzurichten – uns deutlich weitergebracht haben. Diese „Aha“-Momente konnte ich auch in vielen Workshops beobachten, wo die Teilnehmenden zunächst skeptisch waren, was denn die Berater dort machten. Da gab es durchaus stereotype Sichtweisen. Als sie dann die methodische Kompetenz und vor allem die Menschen erlebten, verflog diese Skepsis sehr schnell.

Daniel, welche Erfahrungen nimmst du für die weitere Beratungsarbeit mit?

Daniel Bitter: Da gibt es einige sehr konkrete Punkte. Beispielsweise hat uns die Corona-Pandemie wie so viele andere auch in der Projektplanung kalt erwischt. Denn die Formate, in denen wir die Maßnahmen-Operationalisierung oder auch den Austausch mit dem Evaluierungsteam vorantreiben wollten, waren auf physische Präsenz ausgelegt. Wir mussten uns also sehr schnell damit beschäftigen, welche Möglichkeiten zur Virtualisierung es unter den Bundeswehr-spezifischen IT-Rahmenbedingungen gibt. Wie vorhandene Konferenztools mit interaktiven Elementen erweitert werden können, wie sich die Moderation verändern muss. Sicher haben wir da auch „Lehrgeld“ gezahlt. Doch heute haben wir uns so ganz neue Möglichkeiten erschlossen, die unsere Arbeit auch in Zukunft begleiten und erleichtern wird – beispielsweise kürzere, aber häufigere digitale Formate, die keine Reisetätigkeiten verlangen.

Ich bin überzeugt, dass wir mit Blick auf den Anspruch „Gute Führung stärken“ viel erreicht und ganz nah an den Bedürfnissen der Truppe realisiert haben.
Brigadegeneral Tilo Maedler
Herr Maedler, eingangs haben Sie die Zielsetzung erläutert. Konnten die Ziele erreicht werden?

Tilo Maedler: Ich bin überzeugt, dass wir mit Blick auf den Anspruch „Gute Führung stärken“ viel erreicht und ganz nah an den Bedürfnissen der Truppe realisiert haben. Nehmen Sie das Handgeld für Kommandeure als Beispiel, das Flexibilität und individuelle Schwerpunktsetzung ermöglicht. Oder den BwMessenger, der zeitgemäße Kommunikationsformen via Smartphone fördert. Zusätzlich das Maßnahmenpaket, mit der die Zusammenarbeit am Standort verbessert wurde, indem Entscheidungsbereiche beispielsweise im Objekt- oder Travel Management dezentralisiert wurden. Es hat wirklich spürbare Veränderungen und erlebbare Verbesserungen gegeben. Gleichwohl dürfen wir nicht außer Acht lassen – und Herr Brösdorf hatte es bereits angesprochen -, dass Innere Führung vor allem auf Haltung und Einstellung abzielt. Ich glaube daher, dass es mit Blick auf den Projektstart auch Enttäuschte gibt, die sich noch mehr Konkretes gewünscht hätten. Hier sollten wir zukünftig von Anfang an klar machen, wo wir mit einem solchen Projekt Bewegung erzeugen können, wo aber auch nicht.

Abschließend: Hat Ihnen die interne Beratung durch die BwConsulting einen Mehrwert gebracht?

Ich habe einen wirklich sehr großen Mehrwert wahrgenommen – sowohl für das Projekt als auch für mich ganz persönlich. Bezüglich des Projekts war dies die Methodenkompetenz, mit der wir im Projektmanagement und in der konkreten Umsetzung diverser Formate begleitet wurden. Und zusätzlich das, was ich als „Wandler zwischen den Welten“ bezeichnen möchte: Die BwConsulting ist zwar Teil des Ressorts, die Beraterinnen und Berater wissen, wie wir in der Bundeswehr fühlen und denken. Gleichzeitig können sie aber dennoch durch ihre sehr unterschiedlichen Hintergründe ohne Betriebsblindheit einen kritischen Blick auf das System werfen und frische, umsetzungsfähige Ideen importieren. Mir persönlich hat zudem der direkte Austausch sehr geholfen. Häufig saßen wir im Team zusammen, ich habe Ideen in die Runde geworfen, die dann kritisch reflektiert wurden – und es kam vor, dass ich eine halbe Stunde nach dem Meeting meine Gedanken gewichtet, geordnet und weiterentwickelt in der Inbox wiedergefunden habe. Meine Führungsaufgabe hat dies deutlich unterstützt und mein Handeln beschleunigt.

Wir danken Ihnen allen für das Gespräch.