RM // Köln, 07.09.2019
Ende August fand in Erfurt das 3. Forum Bundeswehrlogistik statt. Zu den Teilnehmern der von der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik e.V. organisierten Veranstaltung zählten die zentralen Stakeholder der Bundeswehrlogistik sowohl aus Militär und Verwaltung als auch aus der Wirtschaft. Auch die BwConsulting war mit einem Team dabei.
Forum Bundeswehrlogistik
Das Forum Bundeswehrlogistik ist eine Tagung mit angeschlossener Ausstellung der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik e. V. (DWT). Sie bringt die zentralen Akteure und Wissensträger aus Bundeswehr, Industrie, Wissenschaft sowie Dienstleister zu einem zukunftsorientierten Austausch zu aktuellen Themen und Fragestellungen rund um das Logistische System der Bundeswehr zusammen.
Dieses Jahr fand das Forum Bundeswehrlogistik unter dem Titel „Logistik zukunftssicher gestalten“ vom 27. bis 28. August 2019 in der Messe Erfurt statt und widmete sich den vielfältigen Herausforderungen, aber auch vielversprechenden Möglichkeiten und Chancen für das Logistische System der Bundeswehr.
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Unsere Kompetenzen im Supply Chain Management
Unsere Kompetenzen im Kooperationsmanagement
Dabei trugen unsere Kollegen Dr. Stephan Klein-Schmeink und Jochen Urban aktiv mit Vorträgen zu dem fachlichen Austausch bei. Denn aktuell berät die BwConsulting mehrere Projekte im Themenbereich Logistik, vor allem bei der Weiterentwicklung und Etablierung eines Supply Chain Managements. Mit Stephan und Jochen sowie mit unserer Projektleiterin Nora Giese führten wir ein Interview für diese Webseite.
Das Thema Supply Chain Management (SCM) war auf der Veranstaltung das Schlagwort der Stunde. Warum?
Nora: Die Bundeswehr sieht sich seit einigen Jahren einer grundsätzlich veränderten Sicherheitslage gegenüber. Während nach dem kalten Krieg die Bündnisverteidigung - Stichwort: Einsätze des Internationalen Krisenmanagements wie beispielsweise in Afghanistan oder Mali - im Fokus stand, bereitet sich die Bundeswehr mittlerweile wieder auf das Szenario einer Landesverteidigung vor. Das setzt eine große Menge an einsatzbereitem Material und Ausrüstung voraus. Und hier spielt SCM eine zentrale Rolle. Damit sämtliche Güter ihren Weg vom Lieferanten bis zum Soldaten ganz vorne finden, müssen viele Einzelschritte nahtlos ineinandergreifen und Schnittstellen bedient werden. SCM managt dabei diese Vielzahl an Akteuren durch Steuerungsimpulse, damit die benötigten Güter in der richtigen Qualität, Menge und zum richtigen Zeitpunkt dem Soldaten zur Verfügung stehen. Also ein querschnittliches Thema von hoher Bedeutung. Dies hat man auch beim Forum Bundeswehrlogistik gespürt. Die anwesenden Generale haben sich vehement dafür ausgesprochen, dass zukünftig alle beim SCM an einem Strang ziehen müssen, um hier erfolgreich zu sein.
Ihr bezeichnet Supply Chain als kooperatives Netzwerk. Was sind aus Eurer Sicht Erfolgsfaktoren und Chancen?
Stephan: Partnerschaften und Kooperationen mit der gewerblichen Wirtschaft sind absolut zentral beim SCM. Immerhin produziert die Industrie das durch die Bundeswehr benötigte Material. Die Herausforderung liegt darin, die unterschiedlichen Motivationen der Partner „unter einen Hut“ zu bringen: Für die Bundeswehr ist Flexibilität bei der Leistungserbringung wichtig, die Industrie erwartet eine gewisse Planungssicherheit, um ihre Kapazitäten ökonomisch auslasten zu können. Dieses Spannungsfeld muss man im Interesse aller Supply Chain Partner lösen. Daher ist es essenziell, Supply Chains tatsächlich als partnerschaftliche Netzwerke mit einer gemeinsam getragenen Mission zu verstehen: Sämtliche Akteure entlang der Kette - vom Lieferanten in der Industrie, über die Beschaffung der Bundeswehr, weiter zur Logistik und schließlich zum verbrauchenden Soldaten - sind dabei zielorientiert zu steuern. Daraus ergibt sich ein komplexes Zusammenspiel von wettbewerblichen und kooperativen Mechanismen, die es zu regeln gilt, um die wirklichen Chancen dieser kooperativen Netzwerke zu heben.
Jochen: Kooperationen mit externen SCM-Dienstleistern können die Bundeswehr erheblich entlasten und die Leistungsfähigkeit nachhaltig steigern. Dafür müssen allerdings zentrale Erfolgsfaktoren beachtet werden. Gerade beim SCM und der damit verbundenen Notwendigkeit, die Akteure und fließenden Güter von Anfang bis Ende zu steuern, müssen Kooperationen zielorientiert aufgesetzt werden. Die Anforderungen sind immer mit Blick auf die Bedürfnisse, Ziele und Besonderheiten der jeweiligen Supply Chain vertraglich passgenau zu erfassen. Dabei gilt es auch Risiken realistisch von Anfang an in der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen und durch eine friktionsfreie Risikosteuerung unter Einbindung sämtlicher SC-Glieder in der Durchführung zu verankern. Diesen Aspekt halte ich für besonders wichtig. Denn die Versorgung der Bundeswehr mit Material und Ausrüstung ist von strategischer Bedeutung und entsprechend ist die Leistungserbringung durch gewerbliche Partner auch abzusichern. Das heißt, das Leistungsausfallrisiko muss gemanagt werden, so dass das SCM in der Bundeswehr auch in Krisensituationen verlässlich funktioniert. Wenn all dies passgenau geschieht, leisten Kooperationen im Rahmen von SCM einen wesentlichen Mehrwert.
Wie unterstützt Ihr das Thema SCM?
Nora: Ganz konkret erarbeiten wir in unserem Projekt ein auf dem so genannten SCOR-Modell basierendes Steuerungsmodell SCM, das sämtliche bereits genannten Akteure des SCM der Bundeswehr „end-to-end“ steuern soll. Im Jahr 2018 haben wir unsere Projektpartner unterstützt, die strategischen Grundlagen und Leitlinien zu formulieren. Auf dieser Grundlage haben dann externe Spezialisten von Strategy& und WIMCOM im Rahmen einer nicht-technischen Studie ein Steuerungsmodell SCM erarbeitet. In der nächsten Phase werden wir auf diese Arbeiten mit unserem Projektpartner aufsetzen und in einem Grobkonzept diese theoretischen Grundsätze zu einem operationalisierbaren Modell ausbauen. Anschließend werden wir es anhand von ausgewählten Pilot-Supply Chains einem Realitäts-Check unterziehen. So werden wir zielorientiert und Schritt für Schritt gemeinsam mit allen betroffenen Akteuren das Konzept stetig weiterentwickeln. Zielzustand ist ein voll funktionstüchtiges und in der Breite akzeptiertes SCM, das die Bundeswehr, deren Beschaffung und Logistik bei der Auftragserfüllung unterstützt. Ganz konkreter Mehrwert für den einzelnen Soldaten ist schlussendlich eine schnellere und bessere Versorgung mit notwendigen Materialien und Ausrüstungsgegenständen.
Was macht für Euch persönlich den Reiz des Themas aus?
Jochen: Ganz kurz und einfach: Die Vielzahl an beteiligten Akteuren, damit verbundene Herausforderungen an eine erfolgreiche und zukunftssicher geplante Kooperation eben dieser und die Chance, als Berater hier eine wirklich zukunftsweisende Optimierung für die Bundeswehr leisten zu können.
Stephan: Der Paradigmenwechsel, der sich jetzt innerhalb der Bundeswehr anbahnt. Statt des etablierten Handelns in den mehr oder weniger isolierten „Silos“ von Beschaffung, Materialbewirtschaftung, Instandhaltung, Transport und so weiter gewinnt nun ein übergreifendes, sozusagen „cross-funktionales“ Denken an Bedeutung. Die Bundeswehr ist auf dem Weg, sich der SCM-Philosophie der Industrie sukzessive anzunähern. Und das wird sich nach meiner Einschätzung auch ganz erheblich auf die Führungskultur auswirken.
Nora: Für mich ist es besonders spannend, die Entwicklung des SCM von der strategischen Idee über Konzepte und Pilotierung bis zur Implementierung begleiten zu können. Ich versuche, bei allen Projekten, in denen wir unterstützen, die Soldaten in den Mittelpunkt zu stellen: damit sie ihren Dienst tun können, müssen sie angemessen ausgestattet sein – die Weichen hierfür sind gestellt. Nun kommt es darauf an, auch für eine optimale Verteilung des Materials zu sorgen. Nur so wird der Nutzen von SCM auch für die Soldaten spürbar.
Stephan: Der Paradigmenwechsel, der sich jetzt innerhalb der Bundeswehr anbahnt. Statt des etablierten Handelns in den mehr oder weniger isolierten „Silos“ von Beschaffung, Materialbewirtschaftung, Instandhaltung, Transport und so weiter gewinnt nun ein übergreifendes, sozusagen „cross-funktionales“ Denken an Bedeutung. Die Bundeswehr ist auf dem Weg, sich der SCM-Philosophie der Industrie sukzessive anzunähern. Und das wird sich nach meiner Einschätzung auch ganz erheblich auf die Führungskultur auswirken.
Nora: Für mich ist es besonders spannend, die Entwicklung des SCM von der strategischen Idee über Konzepte und Pilotierung bis zur Implementierung begleiten zu können. Ich versuche, bei allen Projekten, in denen wir unterstützen, die Soldaten in den Mittelpunkt zu stellen: damit sie ihren Dienst tun können, müssen sie angemessen ausgestattet sein – die Weichen hierfür sind gestellt. Nun kommt es darauf an, auch für eine optimale Verteilung des Materials zu sorgen. Nur so wird der Nutzen von SCM auch für die Soldaten spürbar.