BwConsulting unterstützt Masterthesis

Kooperationen im Vergleich

BwConsulting unterstützt Masterthesis

Kooperationen im Vergleich

BM/RM // 17.06.2020

Kooperationen mit verbündeten Streitkräften sind für die Bundeswehr gelebter Alltag. Doch warum sind manche Kooperationen intensiver als andere? Und wie lässt sich dies wissenschaftlich untersuchen? Am Beispiel der Kooperationen zwischen den Marinekräften Deutschlands mit denen der Niederlande einerseits und Polen andererseits ging Helene Kuchta diesen Forschungsfragen im Rahmen ihrer Masterthesis an der Hertie School nach. Hauptbetreuer für diese mitunter sehr politischen Fragen war Botschafter a.D. Wolfgang Ischinger. Auch wir unterstützten Helene bei dieser Arbeit. Während der Erstellung war sie Senior Fellow in unserem Unternehmen. Wir unterhielten uns mit Helene, die heute als Consultant für uns tätig ist.

Theorien der
International Relations

Realismus geht davon aus, dass staatliche Akteure aufgrund von rationalen Kosten-Nutzen-Rechnungen und nur zur Maximierung ihrer eigenen nationalen Sicherheit handeln. Kooperation kann in der Welt der Realisten stattfinden, allerdings nur aus rationalen Überlegungen.

Konstruktivismus dagegen sieht dagegen Kooperation als Resultat daraus an, dass Menschen durch soziale Normen, Regeln und Beziehungen geprägt sind. Folglich verhalten wir uns so, wie wir es gemäß unserer Sozialisierung richtig finden.

Helene, Deine Forschungsfrage ist konkret so formuliert, dass aus Deiner Sicht die Kooperationsintensität der deutschen Marine mit der niederländischen Marine höher ist als mit der polnischen Marine. Wie bist Du auf diese Frage gekommen?

Im aktuellen Weißbuch zur Sicherheitspolitik und in der Konzeption der Bundeswehr werden die besonderen, aber auch gleichwertigen Beziehungen zu Partnerländern hervorgehoben – zu diesen zählen natürlich auch Polen und die Niederlande. Meine Ausgangsthese, dass sich die Intensität der Kooperationen unterscheidet, beruht auf einer Analyse, die im Rahmen der Projektbegleitung „European Defence Action Plan“ (EDAP) erfolgte und federführend von meinen beiden Kollegen Christian Fischbach und Michael Krehn beraten wurde. In der Analyse zeigten sie unter anderem auf, dass die Kooperationspotenziale mit der niederländischen und der polnischen Marine nicht völlig ausgeschöpft werden und ausgebaut werden könnten. Insbesondere konnte ein Unterschied zwischen den beiden Kooperationsniveaus identifiziert werden. Auch die deutschen Marineoffiziere, mit denen ich für meine Arbeit Interviews geführt habe, konnten dieses Analyseergebnis bestätigen.

Und wie hast Du Dich der Fragestellung wissenschaftlich genähert?

Zuerst habe ich zwei Theorien der Internationalen Beziehungen ausgewählt. Hier kam ich auf die Theorien des Realismus und des Konstruktivismus. Darauf aufbauend habe ich drei Hypothesen erstellt, an denen ich die grundlegenden Argumente der Theorien spiegeln wollte: Erstens, dass die Intensität durch die subjektive Bedeutungszuweisung von Entscheidungsträgern zur Partnerschaft beeinflusst wird. Zweitens, dass sich hier das Verhalten anderer Staaten auswirkt. Und drittens, dass die Unterschiede Folge einer Kosten-Nutzen-Abwägung sind.

Um die Hypothesen bestätigen oder zurückweisen zu können, habe ich im zweiten Schritt Experteninterviews mit deutschen Marineoffizieren bis in die Ebene der Admirale geführt, beispielsweise im Marinekommando oder im BAAINBw. Natürlich wollte ich auch marine-externe Meinungen mit einbeziehen, zum Beispiel habe ich aus der BwConsulting Christian Fischbach und Geschäftsleitungsmitglied Carsten Rüdiger interviewt und Fragen hinsichtlich der Unterschiede im Kooperationsniveau gestellt.

Aus den Antworten habe ich fünf Cluster bilden können, die erklären, wieso Kooperationsniveaus grundsätzlich unterschiedlich sein können. Nämlich der politische Wille, Kosten-Nutzen-Rechnungen, bestehende Beziehungssysteme mit entsprechenden Erfahrungen, Industrie- und Rüstungspolitik sowie natürlich die militärische Forderungslage.

Und im finalen Schritt habe ich meine Hypothesen den Clustern gegenübergestellt, mir also die Frage gestellt, in welchem Cluster die Hypothesen gestützt werden oder nicht zutreffen.

Welche Schlussfolgerungen konntest Du aus deiner Analyse ziehen?

Meine Schlussfolgerungen waren, dass vor allem die längerfristigen Beziehungen zum jeweiligen Land – auf politischer, aber auch auf operativer Ebene – und die Kosten-Nutzen-Rechnung zentrale Rollen spielen. Das Verhalten anderer Staaten, ob sie beispielsweise intensive Kooperationen unterhalten oder nicht, ist nach meinen Ergebnissen hingegen weniger bedeutsam. Für die zugrundeliegenden Theorien bedeuten diese Erkenntnisse, dass zwar beide Theorien einen Teil der Realität erklären können, aber keine einzelne Theorie alles erklären kann. Der Konstruktivismus ist dadurch bestätigt, dass bestehende Beziehungen maßgeblichen Einfluss an der Entscheidung der Kooperation haben, er kann aber nicht erklären, warum Kooperationen mit Ländern entstehen, mit denen die Beziehungen eher schwierig sind. Auf der anderen Seite ist der Realismus dahingehend gestärkt, dass beziehungsunabhängig die Kosten und Nutzen einer Kooperation betrachtet werden. Warum Vorhaben eingeleitet werden, wenn diese höhere Kosten als Nutzen haben, kann vom Realismus nicht beantwortet werden.

Und kannst Du Erkenntnisse aus Deiner Masterthesis jetzt für Deinen Job als Consultant bei der BwConsulting mitnehmen?

Eine ganze Menge! Alleine durch den Erstellungsprozess habe ich sehr viele Einblicke sowohl in das Ressort als auch die Beratungstätigkeit gewonnen – die Kultur innerhalb des Ministeriums, woran sich das Personal im Public Sector orientiert oder wie sich Beratungssituationen ergeben können. Für die tägliche Arbeit – zum Beispiel für Stakeholder-Analysen – nehme ich mit, welchen hohen Stellenwert immer noch zwischenmenschliche Beziehungen haben, um etwas zu bewegen, auf politischer wie auf der Arbeitsebene – und ganz wichtig: auch dazwischen.

Vielen Dank Helene und weiterhin viel Erfolg bei der BwConsulting.