Arbeiten im Corona-Modus

Arbeiten im Corona-Modus

RM // Köln, 19.04.2020

Glücklicherweise ist bislang keine Mitarbeiterin oder Mitarbeiter der BwConsulting durch das Corona-Virus erkrankt. Die interne Corona-Ampel steht daher auf grün. Auch Kolleginnen und Kollegen, die noch im April von Urlaubsreisen zurückgekehrt sind, haben ihre heimischen Quarantänephasen ohne Symptome beenden können. Doch wie kann Beratung unter Corona-Bedingungen funktionieren? Und grundsätzlich der Betrieb einer Inhouse-Beratung aufrechterhalten werden? Eine Reportage darüber, wie die Menschen in der BwConsulting im Corona-Modus arbeiten.

Es ist kurz nach neun Uhr an diesem Werktag. Kai Alexander Schmidt greift in seinem heimischen Arbeitszimmer zum Mobiltelefon. Die Nummer, mit der er den Telefon-Call einrichtet, kennt er längst auswendig. Eigentlich ist Kai der Leiter des Corporate Support Service, dessen Team die Consultants in vielen Belangen unterstützt, von der Reisebuchung über die Workshopgestaltung bis hin zur Raumplanung. Seit Anfang März ist eine weitere Aufgabe hinzugekommen: Als Leiter des COVID-Krisenstabs koordiniert er alle Maßnahmen des Unternehmens, mit denen der Schutz der Mitarbeitenden vorangetrieben werden kann. Schnelle Entscheidungen sind dabei ein extrem wichtiger Faktor, deshalb findet jeden Morgen eine Telefonkonferenz des Krisenstabs mit der Geschäftsleitung und Vertretern zentraler Unternehmensbereiche wie Controlling, Recht, IT, Personal oder Kommunikation statt.

„Anfänglich mussten wir uns alle an den neuen Arbeitsrhythmus gewöhnen, im Krisenstab wie im Regelbetrieb“, erklärt Kai. „Bereits Ende Februar hatten wir alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu angehalten, möglichst von daheim zu arbeiten, Termine über Videokonferenz-Tools wahrzunehmen und nur noch in absoluten Ausnahmefällen persönliche Treffen oder Dienstreisen durchzuführen. Inzwischen fühlt sich dieser Modus aber fast schon normal an.“ So hätten die Beschäftigten die Vorsichtsmaßnahmen verinnerlicht, die Büros würden nur selten aufgesucht und durch die morgendlichen Telefonkonferenzen des Krisenstabs wären die meisten Fragen zu Bereichen wie IT, Organisation oder Arbeitsrecht beantwortet worden. Doch die gegenwärtige Situation sei nicht nur eine Belastungsprobe für Technik und Administration: „Das Arbeiten im Homeoffice erfordert vom Einzelnen ein hohes Maß an Fokussierung und Disziplin, vor allem Ruhephasen kommen schnell zu kurz. Außerdem ist es ein echter Test für unsere Unternehmenskultur: Von Anfang an machten wir klar, dass das Wohlergehen aller Kolleginnen und Kollegen über allem steht. Und trotz der Einschränkungen funktioniert die Arbeit – alle ziehen mit, sind innovativ und probieren neue Dinge aus. Ich persönlich habe zudem den Eindruck, dass Wertschätzung und Empathie im Teamwork dabei noch einmal gestiegen sind.“
„Gemeinsamer Wille und noch mehr Kommunikation“

Interne Abstimmung ist jedoch nur ein Teil der Beratungsarbeit unter Corona-Bedingungen. Das Kerngeschäft der BwConsulting besteht aus dem engen Austausch mit den Projektpartnern im Verteidigungsressort und dem Voranbringen der Themen. Rund 30 Projekte umfasst derzeit die Auftragslage des Unternehmens. Trotz der Rahmenbedingungen sind die Beratungskapazitäten voll ausgelastet.

Torsten Farnschläder verantwortet als Principal verschiedene Projekte der BwConsulting und ist zudem Experte für Prozessmanagement. Er sitzt an seinem heimischen Schreibtisch, wo derzeit regelmäßig weitere Expertise abgefragt wird: nämlich, wenn seine vierjährige Tochter ins Arbeitszimmer spaziert und seine Anwesenheit dazu nutzt, ihn auch mal tagsüber und nicht nur abends mit den Fragen aus dem Kosmos eines Kindergartenkindes zu bombardieren. Auch das ist Homeoffice.

Mit Blick auf die Herausforderung in der Projektarbeit meint Torsten: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ Denn zwar seien gerade viele digitale Kollaborationsmöglichkeiten in aller Munde, aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen aber nur eingeschränkt für die Arbeit mit den Projektpartnern nutzbar. „Was daher vor allem zählt, ist der gemeinsame Wille und noch mehr Kommunikation! So haben wir sowohl projektintern als auch mit dem Kunden alternative Zusammenarbeitsmodelle und -tools gefunden, mit denen wir unsere Arbeitspakete weit besser als erwartet voranbringen. Wichtig ist die Fähigkeit, individuelle Lösungen zu finden, mit denen in den Teilprojekten gearbeitet werden kann.“ Die technische Komponente sei aber nur die eine Seite. Auf der anderen stehe die inhaltliche Arbeit. Hier sieht Torsten die Beratungsqualität seiner Teams auch nach Rücksprache mit den amtsseitigen Projektpartnern nicht beeinträchtigt. „Vielmehr sind aus meiner Sicht die integrierten Teams noch enger zusammengerückt, die Situation hat das gegenseitige Ver- und Zutrauen weiter gefördert.“
Dies bestätigt auch Katharina Wolf. Barfuß sitzt sie an ihrem kleinen Sekretär und bearbeitet gerade ein Konzeptpapier. Die Managerin betreut insbesondere Projekte zur Organisationsentwicklung und betrachtet als Psychologin die gegenwärtige Situation mit besonderem Interesse: „Das Schöne ist doch, dass wir alle im selben Boot sitzen und gemeinsam nach den besten Wegen der Kommunikation und Interaktion suchen. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl.“ Dabei habe sie einen besonderen Effekt beobachtet: „Videokonferenzen gehören jetzt viel mehr zum Arbeitsalltag als früher. Durch den Einblick in die heimische Arbeitsumgebung gibt man dabei häufig etwas von seinem privaten Umfeld preis, was regelmäßig neue Anknüpfungspunkte für die persönliche Beziehungsebene bringt.“

„Gut darauf achten, dass wir mal abschalten“

In puncto Arbeitsbelastung allerdings sieht Katharina wie viele Experten die enge Verschränkung von Beruflichem und Privatem auch kritisch: „Wir müssen gut darauf achten, dass wir mal abschalten und uns ausreichend erholen. Denn alleine durch die ständige Präsenz des Notebooks neigen wir dazu, uns noch mehr als sonst mit beruflichen Dingen auseinanderzusetzen.“ Aus diesem Grund hat sie gemeinsam mit anderen Psychologen der BwConsulting einen Leitfaden für die Kolleginnen und Kollegen geschrieben. Darin geben sie Ratschläge, wie die Arbeit im Homeoffice strukturiert werden kann, ohne dass die Lebensbereiche zu sehr miteinander zerfließen.

Tipps, die Jan Rothenbacher gerne aufnimmt. „Die Trennung von Arbeit und Freizeit ist durchaus schwierig. Das Notebook ist nie weit weg und es fehlt das Gefühl, zur Arbeit zu gehen oder von dort heimzukommen. Hier muss man sich sehr disziplinieren“, sagt der Consultant, der aktuell strategische IT-Themen berät. Hinzu komme die familiäre Situation: „Mit einem quirligen Zweijährigen und einer hochschwangeren Frau in drei Zimmern auf 72 Quadratmetern, da kommt man auch als Familie an Limits.“ Ein klar strukturierter Tag mit mehreren Spaziergängen und dezidierten Abschnitten für ein Kinderprogramm seien ein Minimum. „Glücklicherweise helfen der unbürokratische Sonderurlaub und auch die flexible Arbeitszeitgestaltung bei der BwConsulting schon sehr.“

Krise als Chance

Wenig Anpassungsbedarf hätte in seinem Fall dagegen die Arbeit im Beratungs-Team sowie mit den Projektpartnern in Verteidigungsministerium und Bundeswehr erfordert. „Wir waren bereits vor der Krise schon sehr offen gegenüber neuen Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Und für diese Verfahren spüren wir logischerweise gerade jetzt einen besonderen Schwung, da sich das gesamte Umfeld in diese Richtung verändert.“ Er hoffe, dass sich dieses Momentum verstetigt, so könne aus der Krise eine Chance entstehen. „Ein wenig erinnert mich die aktuelle Lage an die Situation, in der sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge während der europäischen Migrationskrise in 2015 befand. Dort gab es einen unglaublich starken Handlungsdruck, den sie meiner Meinung nach in eine heutige Vorreiterrolle bei der Verwaltungsmodernisierung umgemünzt haben. Dies sollten wir als Beispiel nehmen.“
Enormen Handlungsdruck hat auch Jörg Kraus zu Beginn der Corona-Krise verspürt. Er leitet die interne IT-Abteilung der BwConsulting und ist damit in besonderer Weise für die Arbeitsfähigkeit der Beraterinnen und Berater verantwortlich. Inzwischen kann er etwas entspannter im Serverraum des Unternehmens sitzen. Der Arbeitsplatz in diesem fensterlosen Raum ist wieder geordnet, hinter ihm surren die elektronischen Komponenten im Takt, nachdem hier in den vergangenen Wochen viel aus- und wieder eingebaut wurde. Aber bis zu dieser Entspannung wäre es ein anstrengender Weg geweseb. „Mobiles Arbeiten gehört bei der BwConsulting zum Standard – anders ist moderne Beratung gar nicht denkbar,“ erläutert Jörg. „Was wir in der Vergangenheit aber nicht hatten, war der nahezu ausschließliche Serverzugriff sämtlicher Unternehmensteile über externe Leitungen.“ Die Folge waren langsame Datenverbindungen, was die Zusammenarbeit mit Kollegen und Projektpartnern massiv erschwert hätte.

Wobei es theoretisch keine Einschränkungen hätte geben dürfen. „Hardware und Leitungen geben das eigentlich her, es war zum verrückt werden,“ meint der IT-Experte. „Wir haben dann eine interne Taskforce aufgestellt und weitere externe Expertise herangeholt. Gleichzeitig haben wir kontinuierlich die Belegschaft informiert. Was ich prima fand: Alle haben verstanden, dass mein Team wirklich mit Hochdruck auf Fehlersuche war – und auf viele Anfragen verzichtet, die es sonst im Tagesgeschäft gibt.“ Durch forensische Untersuchungen habe das Team dann zwei Komponenten identifiziert, die nicht optimal miteinander funktionierten. „Ohne diesen Stresstest hätten wir das vermutlich lange nicht herausgefunden. Und in der Folge können wir jetzt sogar eine noch bessere System-Performance zur Verfügung stellen. Von daher ist aus der Krise auch eine Chance entstanden“, meint Jörg.
Hoffen auf Normalität

Und dennoch bleibt das Hoffen auf Normalität. So auch bei Andrea Burmester, die im Sekretariat den Schriftverkehr und die Termine der Geschäftsführung koordiniert. Sonst sitzt sie im Berliner Office in einem zentral gelegenen Büro. Jetzt hat sie kurzerhand den Esstisch zum Arbeitsplatz umgerüstet – ihr Mann, ebenfalls bei der BwConsulting beschäftigt, belegt gerade mit einer Videokonferenz das Arbeitszimmer. „Es funktioniert gut, aber es ist eben doch sehr anders“, meint Andrea mit Blick auf die Zusammenarbeit. „Was mir am meisten fehlt, sind die persönlichen Kontakte, das kurze Gespräch zwischendurch, ein Scherz, das freundliche Winken, wenn Kolleginnen und Kollegen am Büro vorbeigehen.“

Mit diesem Gefühl ist Andrea nicht allein. Es sind die kleinen sozialen Kontakte, die vielen Menschen in der BwConsulting fehlen. Daraus ist aber spontan eine Idee enstanden: ‚Kai’s Bar'. Jeden Abend öffnet Krisenstab-Leiter Kai Alexander Schmidt einen Videokonferenz-Kanal, in dem sich der Kollegenkreis locker und ungezwungen virtuell zusammenhocken kann. Dort plauscht man über dies und das, trinkt gemeinsam etwas und sieht sich einfach mal – wenn auch nur elektronisch – von Angesicht zu Angesicht außerhalb von Konferenzbedingungen. Ein Stückchen Normalität in Corona-Zeiten.
Fast normal ist die Arbeit für Oliver Brandt geblieben. Abgesehen davon, dass er sich als Haustechniker im Kölner Büro gerade wieder auf einer Desinfektionsrunde durch das Treppenhaus befindet. „Solche Runden drehe ich mehrmals am Tag. Zwar ist es natürlich deutlich leerer im Büro, aber irgendwer ist immer da, damit auch der Bedarf an regelmäßiger Desinfektion. Und auch wenn es seltsam klingt: Das Gefühl, hier die Stellung zu halten, gibt mir wirklich Genugtuung.“ Außerdem nehme er wahr, dass noch einmal mehr als zu anderen Zeiten gegenseitig Dank und Wertschätzung ausgedrückt würden: „Die aktuelle Herausforderung wirkt wie Teambuilding. Das sollten wir für die Zukunft mitnehmen.“

Zukunftswerkstatt

Mit dem, was die BwConsulting an Erkenntnissen aus der Krise mitnehmen kann, beschäftigt sich bereits eine kleine Gruppe von Mitarbeitenden aus allen Unternehmensbereichen. Sabine Ceravolo, die als Senior Managerin das Wissensmanagement im Unternehmen vorantreibt, hat schon vor Ostern einen digitalen Workshop im Stil einer Zukunftskonferenz durchgeführt. „Wir haben uns dabei gedanklich in den Sommer 2021 versetzt und blickten auf die – hoffentlich – überstandene Ausnahmesituation zurück. Viele Erkenntnisse beziehen sich auf die Art der Zusammenarbeit und stimmen durchaus positiv: Intensivere Nutzung digitaler Kollaborationsmöglichkeiten in einer IT-Landschaft, die das ermöglicht, dadurch weniger Reisen, was die CO2-Bilanz verbessert, und insgesamt eine noch größere Aufgeschlossenheit bei allen Projektpartnern, neue Wege auszuprobieren – um nur ein paar Beispiele zu nennen.“ Jetzt gelte es, Wege zu finden, um genau diese positiven Aspekte zu konservieren.

Der Sommer 2021 scheint vielversprechend zu werden.